Der Mensch ändert ungern sein Verhalten. Geliebte Gewohnheiten, Bequemlichkeiten gibt er ungern auf. Wir sehen bei Befragungen, dass fast alle Befragten dafür sind, die CO2 Emissionen zu reduzieren, wenn dann aber die Frage gestellt wird: Sollen wir den Autoverkehr entsprechend einschränken, sackt die Zustimmung rapide ab.
Die Klimakrise ist ein gigantisches Problem. Sie birgt viele Zielkonflikte. Als Individuum sind wir damit nicht nur gefühlt überfordert – wir sind tatsächlich überfordert, fühlen uns schlecht und neigen dazu, das Problem kleinzureden, zu ignorieren oder gar zu verleugnen.
Dies fällt, angesichts der Folgen, die auch bei uns spürbar sind, zunehmend schwerer, denn die menschengemachte Klimakatastrophe nimmt Fahrt auf.
Eine Chance haben wir dennoch: Indem wir die Vernunft, unseren Verstand, das Verantwortungsbewusstsein für uns selbst, aber auch für unsere Nachkommen, mit ins Boot zu nehmen. Indem wir uns von wissenschaftlichen Fakten leiten lassen, an unsere Selbstwirksamkeit glauben, die Ärmel hochkrempeln und einfach mal anfangen! ohne Wenn und Aber.
In Sandhausen ist ein Anfang gemacht, denn letztendlich konnte sich der Gesamt-Gemeinderat, aus verschiedensten Gründen verspätet, dann doch zum Förderprogram für Klimaschutzbeauftragte durchringen. (besides: Der Ausdruck Klimamanager missfällt mir persönlich, erweckt er doch den Eindruck, man könne das Klima managen. Es ist ja eher umgekehrt: Das Klima „managed“ uns).
Wir bedanken uns bei unseren Klimabeauftragten Frau Schlemmer, und Herrn Dr. Krause, aufs Herzlichste. Sie haben auf Grundlagen der Gesetze zum Klimaschutz, sowie wissenschaftlicher Fakten in einem ersten Schritt, unter Einbezug der Verwaltung und Bürgerschaft und unter Berücksichtigung der Besonderheiten Sandhausens (Befragungen, Klimawerkstatt) in einem zweiten Schritt, den vorliegenden Plan entwickelt.
Ein IST-Zustand in den Bereichen wurde festgestellt und SOLL-Zustände definiert : Zusammenfassen lässt sich das in der Frage: Wie soll unsere Gemeinde in 2040 aussehen? Der Abstand vom Ist zum Sollzustand stellt sich, positiv formuliert als Potential dar. Ganz klar und wie zu erwarten ist auch bei uns in Sandhausen in fast allen Bereichen noch viel Luft nach oben.
Nicht unerwähnt wollen wir Herrn Kolbe von der Klimaarena lassen, der den Gemeinderat und die Verwaltung in workshops weitergebildet hat, als Moderator fungiert und auch sonst immer wieder seine Expertise, zusammen mit der KliBA zur Verfügung stellt. Durch seine Überzeugungsarbeit hat er, unserer Meinung nach, viel zur Aufklärung und Meinungsänderung, beigetragen. Klimaschutz ist jetzt auch in unserer Verwaltung zur „Pflichtaufgabe“ geworden.
Hierbei ist der Kampf gegen die weitere Erderwärmung das Eine (gerade dieser Tage war zu vernehmen, dass die angestrebte Grenze von 1,5 Grad bis 2030 in diesem Jahr bereits gerissen wurde). Das Andere was wir leisten müssen ist die Anpassung an die Folgen des Klimawandels (Dürre Hitze, steigende Feuergefahr, Starkregen, Überschwemmungen, Erdrutsche). Sie verursachen schon jetzt in Deutschland jährlich Milliardenschäden. In beiden Bereichen gleichzeitig tätig zu werden ist notwendig und bringt synergetische Effekte.
Zurück zum Plan:
In der Zusammenschau der Ergebnisse aus Befragungen, Klimawerkstatt und anderer Quellen ließen sich folgende Handlungsfelder identifizieren: Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie, Unterstützung der Vermarktung von lokalen Produkten, Biodiversität und klimaangepasste Pflanzenauswahl auf kommunalen Grünflächen, Abfallvermeidung fördern, Fortführung der Klimaschutzwerkstatt, Kampagne der Gemeinde zu Energieeffizienz, Ausbau erneuerbarer Energien nachhaltige Mobilität, Mehrteilige Veranstaltung zu Energie- und Klimaschutzthemen, Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel.
Hier wurden auch schon, ganz im Sinne der Potentialanalyse – die Maßnahmen beschrieben, wie die Ziele zu erreichen sind.
Die Frage: Was kann denn eine Gemeindeverwaltung konkret tun? wird im Klimaschutzplan sehr gut beantwortet:
Sie soll a) selbst mit gutem Beispiel in den Handlungsfeldern vorangehen z.B. Photovoltaik auf alle gemeindeeigenen Dächer (ist zwar teuer, würde aber schon viel an Einsparung bringen, das Potential ist hier laut Analyse sehr groß und amortisiert sich mit den Jahren).
und b) die Verwaltung soll die BürgerInnen zur Handlung aktivieren (z.B. weitere Bürgerbeteiligungen in den Handlungsfeldern, prokative Info über Fördermaßnahmen, Vernetzen, Anreize schaffen mit eigenen Programmen, wie dem Photovoltaikprogram).
Beim Handlungsfeld Öffentlichkeitsarbeit möchten wir an dieser Stelle den Vorschlag der Kollegin Seeger aufgreifen. Eine Infotafel mit wichtigen Neuigkeiten der Verwaltung, Terminansagen, Informationen zum Klimaschutz und Klimaanpassung, sollte vor dem Rathaus für alle BürgerInnen sichtbar aufgestellt werden. Man bedenke dass nur 20% der Haushalte ein Ortsblättle haben. Die Möglichkeit der Teilhabe an Information erhöht bekanntlich auch die Motivation sich persönlich einzubringen.
Je weiter wir im Lesen dieses Klimaschutzplanes kamen, umso mehr lachte unser Herz. Endlich Einsicht. Erkenntnis, Motivation, Wille und Tatendrang in unserer Verwaltung und beim Bürgermeister! Mit der heutigen Abstimmung, hoffen wir, dies auch bei allen GemeinderätInnen feststellen zu dürfen, denn diese müssen mittels zukünftiger Beschlüsse in den Handlungsfeldern auch Grundlagen schaffen. Endlich sind es nicht nur wir, die GAL, BUND und Nabu allein, die sich in Sandhausen schon über Jahre am Thema Umwelt- Natur und Klimaschutz abarbeiten. Wir sind erleichtert und bleiben dennoch auch skeptisch.
Rückenwind bekommt das Vorhaben von den Bürgerinnen und Bürgern Sandhausens. Diese wünschen sich z.B. bei der ersten Klimawerkstatt ein verkehrsberuhigtes, insektenfreundliches, allgemein -umweltfreundliches – begrüntes Sandhausen. Diese Maßnahmen zielen vor Allem auf Handlungsfeld 10 ab (Anpassung) und lassen sich, laut Analyse, recht kurzfristig umsetzen. Schaffung von Kühlungsinseln innerorts, Entsiegelung und Begrünung, Rückbau von Schottergärten und andere Maßnahmen sparen nicht nur CO2 ein, sondern verbessern auch nachweislich die Lebensqualität.
Hierfür werden, unsere Meinung nach, keine teuren Planungsbüros benötigt. Wir haben in unsere Grünbeauftragten Frau Wölflick und unserem Ortsbaumeister Herrn Wiegand, wie auch in Herrn Dr. Krause genügend Expertise, Förderprogramme für Anpassungsmaßnahmen aufzutun, Maßnahmen zu planen und alsbald umzusetzen.
besides: Laut Klimaschutzpakt sollen 20% unserer Flächen renaturiert werden. Die ständig zunehmende Versiegelung für Hausbau, Straßen und Sportanlagen ist extrem problematisch und soll sogar in den folgenden Jahren auf 0 zurückgefahren werden. Wie kann es da sein, dass wir in der jetzigen Krise noch willens sind Wald in Sportanlagen umzuwandeln. Das ist aus unserer Sicht schlicht ein Ding der Unmöglichkeit und auch schlichtweg schädlich.
Alle 10 Handlungsfelder sind gemäß der Entscheidungsfindungsmaxime vom ehemaligen Bürgermeister Herrn Bertsch nicht nur wünschenswert, sondern: notwendig und machbar! Die Zeit läuft uns davon und bei aller zu erkennenden Mehrarbeit und Last die auf unserer Verwaltung und dem Bürgermeister liegt und bei allen Zielkonflikten und politischem Kalkül, erwarten wir dringend, dass hierfür weitere Mittel in den Haushalt gestellt werden und dass letztendlich in allen oben genannten Handlungsfeldern auch Handlung erfolgt! Wir erwarten einen innovativ agierenden Bürgermeister nebst Verwaltung, wir erwarten die Mitnahme und Teilhabe engagierter BürgerInnen.
Wir erwarten einen Gemeinderat, der die ökologischen Auswirkungen eines Beschlusses, genauso beachtet wir die finanzielle Auswirkung. Wir erwarten, dass bereits bestehende Gesetze, Richtlinien und Weisungen z.B. zum Natur- und Biodiversitätsschutz, zum Hochwasserschutz, zum ruhenden Verkehr etc. beachtet werden. Wir erwarten, dass die Erkenntnisse zur Verkehrswende, im Gebäudesektor, zur Energiewende, sowie grüne Ortsentwicklung beachtet und konsequent umgesetzt werden.
Denn: Wenn wir`s nicht machen- wer solls dann machen? Wenn nicht hier -wo dann? wenn nicht jetzt- wann dann?
Die Zeit für geduldiges Abwarten ist echt vorbei! An den Taten werden wir gemessen, nicht an Versprechen! Das zukünftige Controlling und Monitoring in den Bereichen wird zeigen, wie ernst wir unser Vorhaben vorangetrieben haben!
Ja, Klimaschutz ist teuer, aber die Folgen von unterlassenem Schutz müssen wir teurer bezahlen!
Beate Würzer, GAL Fraktion