„Warum nicht ein Sandhausen-Ticket einführen?“

11. April , 2019

Mit attraktiven Angeboten kann die Verkehrswende vor Ort gelingen

Das Thema Verkehr brennt der Alternativen Liste Sandhausen unter den Nägeln. Und so hatte sie den Grünen Landtagsabgeordneten und Verkehrspolitiker Hermino Katzenstein eingeladen, der sich „ein paar Gedanken zur nachhaltigen Mobilität in Sandhausen“ gemacht hatte. Zum Thema referierte er in der Gemeindebibliothek nach einer öffentlichen Radtour durch die Gemeinde mit Spitzenkandidat Lukas Öfele.

In der Kommunalpolitik kriegt man mit wo der Schuh drückt und kann vor Ort etwas bewirken, weiß Katzenstein, der sich seit 2009 im Neckargemünder Gemeinderat engagiert. Er machte deutlich: Im Verkehrssektor sind die Treibhausgasemissionen seit 1990 sogar noch gestiegen, Autos sind zahlreicher und größer geworden und auch der Güterverkehr hat zugenommen. Um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen müssten die Emissionen aus dem Verkehr bis 2030 um 40 bis 42 Prozent sinken, sagte er und betonte: „Bis dahin brauchen wir doppelt so viele Fahrgäste im ÖPNV, jedes dritte Auto muss klimaneutral unterwegs sein, das ist eine Herausforderung!“

Der Abgeordnete verwies auf das (Landes-)RadNETZ, das darauf abzielt, durch gezielte Förderungen ein möglichst flächendeckendes Netz alltagstauglicher Routen und Landesfernwege für Pendler zu schaffen – ohne Lücken und mit einheitlicher und durchgehender Beschilderung. Dazu gibt es eine Broschüre mit Musterlösungen (etwa zu der Frage, wie Radverkehr durch einen Kreisel zu führen ist) sowie Maßnahmenblätter für einzelne Defizite. Das Zielnetz führt auch durch Sandhausen. Hier ist mit Priorität 3 (mittel) etwa eine Querungshilfe beim S-Bahnhof vorgesehen. Außerdem soll auf dem Rad- und Gehweg beim Stadion zur Fahrbahn hin eine Sicherheitsmarkierung angelegt werden. Die Umsetzung der Maßnahmen sei jedoch in der Hoheit des Gemeinderates.

Ergänzend zu den Radwegenetz-Konzeptionen auf den verschiedenen Ebenen hat Lukas Öfele einen ersten Entwurf für ein ‚Kommunales Radwegenetz Sandhausen‘ erarbeitet.

Empfehlungen biete auch die Landes-Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundliche Kommunen, in der auch der Rhein-Neckar-Kreis Mitglied ist. Katzenstein informierte, dass durch das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG) inzwischen auch der Fußverkehr gefördert werde. „Wir können nur Anreize geben“, stellte der Landespolitiker klar.

Gefragt wurde, ob man Autofahren nicht auch durch ein Einbahnstraßensystem unattraktiver machen könnte. Eine Teilnehmerin befürwortete angesichts der Enge mancher Straße das ‚Shared Space‘ Modell, bei dem die Gehwege wegfallen und alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind. Und eine andere stellte fest: „Bus- und Bahnfahren ist ganz schön teuer.“ Das sei ein Grund, warum nicht mehr Leute den ÖPNV nutzten. „Die Öffentlichen müssen deutlich günstiger sein als das Auto, damit die Leute umsteigen.“

Das Land sei für den Schienennahverkehr zuständig, der Rhein-Neckar-Kreis für Bus und Straßenbahn, erläuterte Katzenstein und machte auf den BW-Tarif aufmerksam, der seit dem 9. Dezember 2018 gilt und das Reisen über Verbundgrenzen hinweg einfacher und günstiger macht. Er bedauerte, dass die konservative Mehrheit im Kreistag mehrfach die Einführung eines kreisweiten Sozialtickets abgelehnt habe. „Warum nicht ein Sandhausen-Ticket einführen?“, regte er an. Einen Sondertarif fordere seine Fraktion auch für Neckargemünd: ein Tagesticket für 2,50 Euro und einen Einzelfahrschein für einen Euro.

Anregungen der Bürger wurden aufgenommen.

Die Kommune müsse für drei bis fünf Jahre das Defizit übernehmen bis die gesteigerten Fahrgastzahlen dieses ausgleichen. Er verwies auf das Beispiel Schwetzingen, wo es bereits einen Sondertarif gibt und außerdem Familienpassinhaber unentgeltlich befördert werden.

„Wir hätten im Ort eine Mehrheit dafür“, verriet Gemeinderat Ralf Lauterbach. Vor drei Jahren habe die AL Sandhausen den VRN für ein vergünstigtes Sandhausen Ticket angefragt. Das habe dieser abgelehnt mit der Begründung, Sandhausen sei schuldenfrei und hätte die nötigen Mittel – andere Kommunen aber nicht. Das sei mit dem VRN nicht zu machen. „Wir haben die Forderung immer noch und sind zuversichtlich, dass wir wieder eine Mehrheit finden werden“, so Lauterbach.

Der Abgeordnete informierte auch über Landesprogramme für Elektromobilität, mit denen unter anderem kommunale Elektrofahrzeuge und Elektrobusse gefördert werden. Für die Anschaffung der beiden Elektrofahrzeuge der Gemeinde hatte sich die AL Sandhausen eingesetzt.

MdL Hermino Katzenstein mit den AL-Kandidaten Lukas Öfele, Benjamin Alexander Gutwein, Ralf Lauterbach und Jörg Belzner (von links)

Dann sprach noch jemand die Beleuchtung von Radwegen an. „Walldorf ist da sehr aktiv, aber Richtung Heidelberg passiert nichts“, sagte Öfele und ergänzte: Radverkehr werde in Sandhausen nicht als Verkehr angesehen, sondern als Freizeitvergnügen. Er forderte die Teilnehmenden auf, Verbesserungsvorschläge zu notieren und auf einem Stadtplan anzubringen. Genannt wurden:

  • mehr Radparkplätze am Bahnhof
  • die Umwandlung der Büchertstraße in eine Fahrradstraße
  • ein Parkverbot in der Bahnhofstraße vor dem Abzweig Daimlerstraße
  • barrierefreie Bushaltestellen
  • kein Parken auf Gehwegen
  • Leitlinien für Blinde auf dem Boden, etwa bei Bushaltestellen

Für die GAL

Letzte Beiträge

Neue GAL Fraktion am Start

Neue GAL Fraktion am Start

Im Rahmen der konstituierenden Gemeinderatssitzung am 22.07.2024  traf erstmals die neu gewählte Fraktion der GAL im...