Wir brauchen eine Kehrtwende im Umgang mit dem Wald

3. Dezember , 2021

Stellungnahme zum Betriebsplan für das Forstwirtschaftsjahr 2022

Ich gehe nicht mehr gerne in unseren Wald. Es ist ein Trauerspiel. Unsere Bäume, allen voran die Kiefern, aber auch andere Arten, halten dem Trockenstress nicht stand, leiden unter Schädlingen und sterben ab. Neophyten machen sich breit. Prognostisch wird das, wegen der Klimaveränderung, in den kommenden Jahren noch zunehmen. Man ist scheinbar hilflos angesichts dieser verheerenden Situation. Gerade in der sandigen Schwetzinger Hardt müssen wir darauf bedacht sein, dass nicht der ganze Wald zur Steppe wird. Die zunehmend aufgeklärte Öffentlichkeit fordert einen achtsameren Umgang mit dem Wald. Laut Landesregierung ist Wald jetzt „Chefsache“.

Von Förster Lang war bei der Waldbegehung zu hören, dass er keinen gesunden Baum mehr fällen werde und zum großen Teil bei uns im Gemeindewald auf Naturverjüngung setzen wird. Dem können wir vorbehaltlos zustimmen. Dennoch stimmt es traurig, dass sehr viel Wald 2020 und 2021 flächenhaft total gerodet wurde.

Nachdem Herr Diem in 2019 einen Dauerwald thematisiert hatte, habe ich mal nachgeschlagen. 1910 empfahl Friedrich von Kalitsch die Abkehr von der schlagweisen Bearbeitung eines Altersklassenwaldes. Er empfiehlt die Nutzung der vorhandenen Selbstoptimierungsprozesse des Waldökosystems.

Die forstwirtschaftlichen Expertisen, wie man mit dem „Patient Wald“ zukünftig umgehen soll, gehen derzeit, ob des komplexen Problems, weit auseinander. Grüne Forst-Politik schlägt hier einen Paradigmenwechsel, eine Kehrtwende im Umgang mit dem Wald vor.

  1. Wir fragen uns: Ist es überhaupt noch sinnvoll in unserem kleinen Gemeindewald Bäume zu ernten? Mit dem Holz machen wir, wie gehört, eher Verlust. Das Totholz und Schadholz sollte deshalb in dieser angespannten und durch Trockenheit gezeichneten Lage, generell im Wald belassen werden. Absterbende Bäume haben viele, ökologisch wichtige, Funktionen. Insekten, Vögel, Pilze, Flechten, Moose profitieren. Vermoderndes Holz schützt den Boden, bindet Feuchtigkeit, bildet Humus und ist Nahrung und Schutz für entstehende Vegetation.
  2. Kahlflächen durch Fäll- und Räumarbeiten, oder gar Entfernung von Humus, sind unseres Erachtens dringend zu vermeiden. Sie zerstören den ökologischen Verband, der gerade dabei ist, sich selbst zu helfen. Sie fördern durch Sonneneinstrahlung und Austrocknung des Bodens die Versteppung, die an verschiedenen Stellen im Hardtwald schon zu beobachten ist. Damit fördert diese Vorgehensweise auch die Ausbreitung der Kermesbeere. Diese hemmt wiederum das Wachstum junger Bäume und verdrängt die bestehende Waldvegetation.
  3. Unserer Meinung nach reicht es nicht, die Kermesbeere nur auf Neupflanzungen zu bekämpfen. Es sollte hierzu ein Masterplan von Förstern der Schwetzinger Hardt und den Verantwortlichen des Staatswaldes für mehrere Jahre entwickelt werden. Ich bin sicher, dass sich BürgerInnen und Bürger hier auch langjährig unterstützend engagieren würden, wie bereits im Ansatz durch das Aktionsbündnis Kermesbeere erkennbar.
  4. Eingriffe also nur noch zur Hege und Pflege? Ja, sagt unser ehemaliger Förster Wiedemann. Wir sollten auf die offenbar entwicklungsfähige Naturverjüngung setzen, ggf. Sämlinge verschiedener Arten wo nötig ausbringen, beobachten was kommt und allenfalls richtungsgebend pflegend eingreifen.
  5. Hier auch wichtig zu erwähnen, dass sich alle Pflanzen, auch junge Bäume (genetisch identisch), via Modifikation an veränderte Umweltbedingungen (Niederschlag, Temperatur, Nährstoffangebot…) bis zu einem gewissen Grad anpassen können.
  6. Aus oben genannten Gründen sollte zukünftig auf den Einsatz von Vollerntern und anderem schweren Gerät verzichtet werden. Diese Vorgehensweise verdichtet sehr stark den Boden und zerstört den Lebensraum viele Kleinlebewesen. Es bilden sich darüber hinaus neue Wege, der Wald wird zunehmend parzelliert. Die bereits bestehenden Rückegassen sollten deshalb geschlossen werden.

Hier meine Fragen:

  • Teilen Sie die Meinung, dass absterbende Bäume, aus oben genannten Gründen, außer zur Wegesicherung, nicht gefällt, sondern im Wald belassen werden sollten? Wenn nein, warum nicht?
  • Wie sieht der zukünftige Plan zur Bekämpfung der Kermesbeere und ggf. auch des Japanischen Knöterichs aus?
  • Beabsichtigen Sie die Rückegassen zu schließen und im nächsten Jahr auf schweres Gerät zu verzichten?
  • Wohin wird unser Holz verkauft? Bleibt es in der Region? Alles andere wäre ökologisch bedenklich.
  • Das Landeswaldgesetz sieht vor, dass naturnahe Waldwirtschaft, welche eine nachhaltige Entwicklung der Waldfunktionen im Blick hat, gefördert wird. Können diese Fördergelder auch von Kommunen beantragt werden?
  • Wie viel Fläche Wald wurde für die Brühlwegdüne bisher gefällt? Wie lange ruhen hier weitere Maßnahmen?
  • Gerade haben wir gehört, dass wieder 1ha Fläche unseres Waldes für eine Neubepflanzung total gerodet werden soll. Könnte man statt der Flächenrodung nicht da, wo sich der Wald lichtet, zur Unterstützung der Naturverjüngung, vereinzelt Bäume pflanzen?

Gemeinderätin Beate Würzer

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