Pressemitteilung Gemeinderatsfraktion

28. Januar , 2019

Stellungnahme zum Tagesordnungspunkt Nr.5 der Gemeinderatssitzung vom 28.01.2019 Gemeinderat Ralf Lauterbach

    

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kletti, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren

Die heutige Verabschiedung des Haushalts, wird die letzte in der jetzigen Gemeinderatszusammensetzung sein. Grund genug kurz zurückzublicken. In den vergangen fünf Jahren waren die gewählten Vertreter, was den Haushalt anbetrifft nicht sonderlich angespannt. Die positive Entwicklung der Beschäftigungsrate in Deutschland und die insgesamt sehr gute Haushaltslage waren für die Gemeinde sehr gute Rahmenbedingungen zu haushalten. Wie Sie Hr.Bürgermeister Kletti aber schon mehrfach in der Vergangenheit erwähnt haben, werden Haushalte in den „fetten“ Jahren ruiniert. 

Ruiniert wurde der Haushalt auf keinen Fall, aber dennoch hinterlassen wir in diesem Jahr Planungen und Aufwendungen die bis ins Jahr 2022 für den neu zusammengesetzten Gemeinderat verpflichtend, im Einzelnen auch belastend sind. Stetig ansteigende Personalkosten, insbesondere im Bereich der Kinderbetreuung machen in kommenden Jahren das Haushalten sicher nicht einfacher

An dieser Stelle möchte wir allen Fraktionen und der Verwaltungsspitze für die konstruktive, in der Sache durchaus hart aber immer von Wertschätzung getragenen Diskussionen der letzten Jahre danken. Trotz mancher grundsätzlich unterschiedlichen Positionen, hat am Ende der gemeinsame Wille zur Einigung gesiegt. Ein „Shutdown“ als politischen Mittel, ist für unsere Kommune undenkbar. 

Steuererhöhungen waren in den letzten 5 Jahren ebenfalls nicht notwendig, lediglich gebotene Gebührenanpassungen wurden durchgeführt. Die erfreulich breit angelegten Investitionsplanungen der Gemeinde, hatten unter sehr kritischer Betrachtung häufig nur reparierenden, aber nicht zwingend inspirierenden und gestaltenden Charakter, siehe hier zum Beispiel die Hauptstrassensanierung. 

Der vorliegende Haushalt ist wieder gekennzeichnet durch Solidität und Pragmatismus. Keinerlei Schulden werden hinterlassen, die Vermögenswerte der Gemeinde nehmen weiter zu, dank getätigter Investitionen in den Bestand. Auch heute werden wichtige Entscheidung in den Erhalt und die energetische Sanierung von gemeindeeigenen Liegenschaften verabschiedet. Bau der Sozialwohnungen, eine wenn auch umstrittene, richtige Entscheidung. Energetische Sanierung des Schulzentrums und die längst überfällige Teilmodernisierung und überwiegende Barrierefreiheit der Hardtwaldhalle sind herausragende Projekte. Die Inbetriebnahme des kommunalen Kindergartens zur Jahresmitte wird einen durch Zuzug und anwachsen der Geburtenrate entstandene Versorgungslücke in Sandhausen schließen.

Aber auch in diesem Haushalt bleiben Fragen offen, die wir im Zusammenhang mit der Haushaltverabschiedung immer wieder gestellt haben.

  • Wo will diese Gemeinde hin? 
  • Wie begegnet sie den demographischen, ökologischen, sozialen und ökonomischen Risiken, die unmittelbar vor der Tür stehen. 
  • Welche Idee einer bürgerlichen, inklusiven Gesellschaft wird entwickelt? 
  • Was wird den Bürgern von Seiten der Gemeinde geboten, wie innovativ werden Zukunftsprobleme, und mit welchen Grad der Bürgerbeteiligung angepackt?

Die Attraktivität der Gemeinde scheint hoch zu sein, in den zurückliegenden vier Jahren ist die Bevölkerung in Sandhausen um 605 Menschen angewachsen was rund 4% Bevölkerungswachstum entspricht. Dieses Wachstum ist durchaus gewollt, muss sich aber auch in innerörtlichen Strukturanpassungen niederschlagen. Können diese 4% in Sandhausen wohnen und arbeiten verbinden, oder handelt es sich um sogenannte Auspendler. Haben diese 4% gut bezahlbaren Wohnraum für sich und ihre Familien gefunden? 

Wir können es nicht beantworten. 

Klar bleibt, dass sich Berufstätige die im Bereich der täglichen Daseinsfürsorge beschäftigt sind, wie z.B. Beschäftigte in der Altenpflege, der angestellte Bäcker, die Einzelhandelskauffrau, Handwerker usw. auch in Sandhausen kaum noch bezahlbaren Wohnraum finden. Es geht in diesem Zusammenhang nicht nur um die Dimension Wohnen und Arbeit, sondern auch um das Thema Verkehr. Wie der Samstagausgabe vom 26.01.2019 der RNZ zu entnehmen ist, pendeln 2199 oder gut 14,5 % der Sandhäuser_innen nach Heidelberg zur Arbeit. Ob diese Auspendler alle den ÖPNV nutzen oder nutzen können bleibt für uns ebenfalls eine offene Frage und gelichzeitig eine der bedeutsamsten Herausforderungen für den kommenden Gemeinderat. 

Die alltagsprägenden Themen Wohnen/Arbeiten/Mobilität/Klimaschutz sind von zentraler Bedeutung für kommenden Haushalte und brauchen aus unserer Sicht deutlicher mehr finanziellen Aufwendungen durch die Kommune. Noch immer gibt es keine Haushaltsposition die sich der Mobilitätswende widmet.  Eine umweltfreundliche und nachhaltige Mobilität ist mit dem Klimaschutz untrennbar verbunden. Wir müssen den Menschen in dieser Gemeinde die richtigen Angebote/Anreize bieten, damit sie ihren Diesel oder Benziner in der Garage stehen lassen, oder sich erst keinen kaufen. 

Mobilität

Eines dieser Puzzleteile für eine zeitgemäße Mobilität im urbanen Raum ist die gute und permanente Erreichbarkeit der übergeordneten ÖPNV Angebote, wie es die S-Bahn darstellt. Mit der Bahnsteigerweiterung und dem Park and Ride Angebot sehen wir gute Voraussetzung hierfür. Im Bereich des Busverkehrs, hören wir immer wieder von Nutzern, dass die Verlässlichkeit des Busverkehres ein immer wiederkehrendes Ärgernis darstellt. Hier braucht es zukünftig stärker steuernde Effekte aus der Gemeinde heraus. 

 Emmissionsarme Mobilität braucht innerörtliche Infrastruktur, dazu gehören funktionierende Fahrrad- und Fußwege. In Sandhausen ist Fahrradfahren und zu Fuß gehen, immer noch ein Abenteuer, wenn auch ein unfreiwilliges. Fuß- und Fahrradwege sind mit verdeckten Blickachsen und parkenden Autos geradezu gepflastert. Anderswo im Ort, hören Radwege plötzlich auf oder sind von vornherein nicht vorhanden. Mit einem Masterplan „emmissionsarme Mobilität“ könnten diese und andere Fragen beantwortet werden. 

Dieses Projekt und ein zu erstellender Masterplan, sollte passend zu seiner Bedeutung, eindeutig Chefsachesein! 

Ein verkehrsberuhigter Innerortsbereich mit breiten Fahrrad- und Fußwegen und Plätzen bringt echte Aufenthaltsqualität. Autoverkehr und Busverkehr machen Lärm und Lärm bedeutet Stress. Und vor allem brauchen diese Verkehrsmittel jede Menge Platz gemessen am Verhältnis zu den Menschen, die sie transportieren.  Positiv hervorzuheben ist, dass die Verwaltung beispielhaft auf E-Mobilität bei Ihren Fahrzeugbeschaffungen setzt und die dafür aufzubauenden Strukturen nicht für ein Nischenbedürfnis einiger weniger betrachtet. An dieser Stelle werden wir Sie weiterhin auch nach Kräften unterstützen. 

Wir sehen in der Bewertung den Ausgabenblock Verkehr innerhalb des vorgelegten Haushaltes als pragmatisch und solide geplant, vermissen wie erwähnt die Investition in den Mobilitätwandel und die Gesunderhaltung der Menschen in Sandhausen.

Digitalisierung

Wir sind sehr zuversichtlich was den Ausbau der Glasfasertechnik anbelangt, es wird regional konsequent weiter investiert. Der Standort Deutschland hat sich im internationalen Vergleich deutlich abhängen lassen. Entsprechend wird nicht alles in einigen Jahren aufzuholen sein. Ein Blick in den Haushalt zeigt, dass das auch etwas kostet. 400 000 Euro sind ein beachtliches Sümmchen. Aber wenn wir das jetzt nicht vorantreiben, dann werden wir den Anschluss an die Sandhäuser_innen verlieren, die immer mehr und vollkommen selbstverständlich Dienstleistungen und Kommunikation über das Internet und ihr Mobiltelefon abwickeln.

Digitalisierung bedeutet, Kommunikationswege zu verkürzen und Beteiligung der Bürger*innen möglich zu machen. Das ist eine neue Art der Kultur, an der sich die Verwaltung und die Politik gewöhnen müssen. Gesellschaft als Community zu denken, Inklusiv im virtuellen Raum, in dem wir uns barrierefrei bewegen. So wäre eine Übertragung der Gemeinderatssitzung über Streamingkanälen die Möglichkeit vollkommen barrierefrei daran Teil zu nehmen.

Herr Bürgermeister Kletti, wenn ich hier in den Rat blicke und die wachsende Zahl junger Ratsmitglieder sehe, die mit digitalen Medien und Werkzeugen aufgewachsen sind, dann glaube ich, dass wir eine konstruktive gemeinsame Sprache finden werden.

Klimaschutz 

Durch die Komplexität der Anforderungen sehen wir auch in diesem Haushalt keine stringente Finanzierung von notwendigen Klimaschutzzielen. Es gibt eine Vielzahl von Aktivitäten, die aber weder innerorts noch in der Region gut vernetzt sind. Im neu zusammengesetzten Gemeinderat werden wir Stellenanteile für einen Umwelt- und Klimamanager fordern. Mit gleicher Energie muss eine bislang weitgehend ungenutzte Ressource erschlossen werden, die konsequente Beteiligung der Sandhäuser Bürgerinnen und Bürger. Ich darf an dieser Stelle aus dem Klimaschutzkonzeptes des Rhein-Neckar-Kreises zitieren. Den Ratsmitgliedern ebenfalls gewählte Kreisräte sind, sollte das doch etwas mehr Ansporn sein für die Heimatgemeinde

“Im Unterschied zu früheren Energiekonzepten, die häufig „von Experten für Experten“ geschrieben wurden, werden bei Klimaschutzkonzepten von Anfang an alle relevanten Gruppen einbezogen, um so an der Entstehung des Konzepts mitzuwirken oder zu „partizipieren“. Dieser partizipative Ansatz ist ausschlaggebend für die Akzeptanz und die Identifikation mit dem Klimaschutzkonzept bei den Entscheidungsträgern und den Mitarbeitern. Aufgaben des partizipativen Ansatzes sind die Motivation zur Maßnahmenumsetzung und die stetige Verankerung des Klimaschutzes in den Entscheidungsprozessen. „ 

Um die Lebensqualität in Sandhausen in Zukunft zu erhalten, ist unserer Ansicht nach, nur mit einem maßvolleren Wachstum zu vereinbaren. Den auch durch Nachverdichtung kam es in Sandhausen in den letzten Jahren zu erheblichen Flächenverbrauch. Unsere Blicke richten sich konsequent auf den Umwelt- und Naturschutz, wenn wir darauf hinweisen den innerörtlichen Lebensraum durch das Anlegen von Blühstreifen für Insekten mehr Lebensraum und Nahrungsquellen zu schaffen und gleichzeitig die Verschönerung von Sandhausen voranzubringen. 

Forschungsergebnisse von Insektenforschern haben gezeigt, dass es in letzten 30 Jahren einen dramatischen Insektenrückgang gegeben hat. So ging die Menge der Gesamtbiomasse um 76% zurück. Die fehlende Futterquelle wirkt sich auch auf andere Tiere wie zum Beispiel Vögel aus. In der Folge ist die Zahl brütender Vögel in Deutschland von 1998 bis 2009 um rund 12,7 Millionen Paare gesunken. Das Insektensterben hat für die gesamte Nahrungskette unabsehbare Folgen., Wenn es grünt und blüht und summt und brummt in der Gemeinde profitieren alle davon. Gleichzeitig wird der Ort durch blühende Oasen schöner und lebenswerter. 

Fangen wir also an, Pläne zu schmieden und beenden wir die Versuche, mit Einzelanträgen Reparaturen vorzunehmen, wo eigentlich Veränderungen angebracht wäre. 

Zusammenfassend können wir dem vorliegenden Haushalt vollumfänglich zustimmen und bedanken uns auch in diesem Jahr für die gute und transparente Aufarbeitung der Haushaltszahlen beim Kämmerer Hr.Wangler und seinem Team. Ebenso bedanken wir uns als kleinste Fraktion bei den anderen Fraktionen für die fairen und anregenden Vorberatungen des vorliegenden Haushaltes.

Für die Fraktion der Alternativen Liste 

Ralf Lauterbach

Für die GAL

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