Haushaltsrede Ralf Lauterbach

20. Februar , 2022

Stellungnahme zum Tagesordnungspunkt Nr.5 der Gemeinderatssitzung vom 31.01.2022 der GAL Sandhausen

Fraktionssprecher Ralf Lauterbach

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Günes, sehr geehrte Damen und Herren, der Presse, des Rates und liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

Zum Schluss in aller Kürze, wir als GAL-Sandhausen werden zu Teilen dem Haushalt 2022 nicht zustimmen. Im Wesentlichen lässt sich das wie folgt zusammenfassen.

„Den Worten müssen Taten folgen“

Wir erkennen das Bemühen der Verwaltungsspitze und der Fraktionen an, sich grundsätzlich der Herausforderungen der Zukunft in vielen Bereichen zu stellen und Antworten darauf zu finden. Die Finanzlage der Gemeinde Sandhausen ist auch im zweiten Corona-Haushalt als günstig zu bewerten, auch unter Berücksichtigung der Corona-bedingten Unwägbarkeiten und Risiken. Vor diesem Hintergrund hat die Verwaltung mit diesem Haushaltsentwurf grundsätzlich Gutes geleistet. Herr Wangler als Kämmerer ist eine sichere Bank, unser Geld ist beim ihm und seinen Mitarbeiter:innen gut und sicher aufgehoben.

Ebenso bedanken wir uns bei den Sandhäuser Bürger:innen, Vereinen und Gewerbetreibenden, die nicht aufgegeben haben und ein wichtiger Beitrag dafür sind, dass es uns allen hier noch so gut geht.

Die Haushaltsplanung und Beschlussfassung ist für den Gemeinderat ein wichtiger Start ins neue Jahr. Es bietet Gelegenheit über das bereits Erreichte zu sprechen und über die Aufgaben, die noch vor uns liegen, über Problemstellungen, Herausforderungen und deren Lösungen.

Ich werde mich im Großen und Ganzen, auf die für unsere Fraktion größten Herausforderungen konzentrieren.

Die großen Linien bilden sich wie folgt ab

Strategische Planung Verkehr und Verkehrswende, Klima und das Erreichen der Klimaziele, Ortsentwicklung und Aufenthaltsqualität, Bürgerliche Teilhabe an Entwicklungen

 

Strategische Planung Verkehr und Verkehrswende

Kommunalpolitik ist häufig von Zielkonflikten geprägt. Als Gemeinde müssen wir viele verschiedene Dinge machen. Aber wir können nicht alles machen!

Zusammen mit Bürgermeister Günes haben wir in dieser Hinsicht einen großen Schritt nach vorne gemacht. Der Gemeinderat hat vor wenigen Wochen seinen ersten Strategieworkshop zu drängenden Themen der Gemeinde absolviert.

Wir hoffen und sind zuversichtlich, dass es nicht bei diesen einen Workshops bleibt.

Eine strategische Planung und Priorisierung erfordert Ziele, Kennzahlen, Fakten und einen Weg, wie man diese Ziele erreicht. Wichtig ist es, bei den Fakten zu bleiben und nicht aus tradierten Handeln heraus zu argumentieren.

Dies sehen wir im vorgelegten Haushalt nicht ausreichend gewürdigt. Für uns ein entscheidender Punkt, dass wir nicht geschlossen der Haushaltsplanung der Gemeinde n zustimmen können. Konkret geht es um die geplante Kreiselanlage Heidelberger Straße, Ecke Eichendorfstraße. In der Prognose werden bis 2025 12 000 motorisierte Verkehrsbewegungen pro Tag prognostiziert. Eine Schätzung der Bewegungen durch andere Verkehrsteilnehmenden liegt aktuell nicht vor. In der GR-Sitzung vom 30.11.2020 und folgend, haben wir Anträge gestellt, die Planung und die damit verbundenen hohen Kosten bei geringen Nutzen zur Gleichstellung aller Verkehrsteilnehmenden einzustellen bzw. zu verändern. Der Antrag vom 30.11.2020 wurde bis auf 5 Stimmen mehrheitlich abgelehnt. Die Kosten der Kreiselanlage sind nach aktuellen Planung mit 760T € inkl. Umbau barrierefreie Bushaltestelle) geschätzt.

Zum Vergleich wurden in den Jahren 2005 bis 2020 ca. 460 000 tausend € in Elektro und sog. klimafreundliche Mobilität investiert. Die Hälfte des Gesamtbetrages, geht auf die Verlängerung der S-Bahn Bahnsteige.

Von Mobilitätswandel oder gar einer Verkehrswende in Sandhausen kann nur eingeschränkt die Rede sein. Der geplante Kreisel kann zwar einen Baustein für eine Verkehrswende darstellen, im gleichen Maße verkörpert er aber auch ein „weiter so“.

Wir hätten uns im jetzt vorliegenden Haushaltsplan manches konkreter erhofft. Quasi alle notwendigen Maßnahmen im Verkehrsbereich zur Verringerung des motorisierten Individualverkehrs in der Gemeinde und der Gleichstellung der Verkehrsteilnehmenden Fahrrad und Fußgänger sind nicht vorhanden. Der Schutz der schwächeren Verkehrsteilnehmer im öffentlichen Verkehrsraum muss konsequent und nicht halbherzig wie beim kritisierten Kreisel betrieben werden.

Ein weiterer Schwerpunkt sollte in Sandhausen der Ansatz sein, wieder eine   fahrradfreundlichen Gemeinde zu werden. Da gehören vernünftig geplante Fahrradstellplätze, die auch genügend Platz für Fahrradanhänger und Lastenräder bieten, gefahrenloses Überqueren über die Umgehungstraße oder die Sanierung von Radwegen dazu. Es muss einfach Spaß machen und sicher sein, wenn man mit dem Fahrrad in Sandhausen unterwegs ist.

Wunder Punkt in Sandhausen wie auch in anderen Kommunen, der ruhende Verkehr. Die Parksituation in Sandhausen ist katastrophal und muss dringend geordnet werden, nicht nur im Ortskern, sondern auch in vielen Wohnquartieren. Es kann nicht sein, dass unsere Straßen durch parkende Autos verstopft werden. Jeder, der einen Hof oder eine Garage hat, sollte sein Hoftor öffnen oder seine Garage entrümpeln, dort sein Fahrzeug abstellen und damit den öffentlichen Raum wieder sicherer machen. Dann sind die Fahrbahnen für den fließenden Auto- und Busverkehr ebenso wie übrigens auch wieder die Fußwege für die Fußgänger nutzbar

Ebenso möchten wir uns weiter für innovative Projekte einsetzen: Wir sind für die Realisierung eines kostenfreien Ortsbuses, um allen Sandhäuser:innen zu ermöglichen, den ÖPNV innerorts , kostenfrei zu benutzen und um noch höhere Anreize zu setzen, das Auto stehen zu lassen. Schauen wir in die Gemeinden Walldorf und St.Leon-Rot was die Maßnahmen an Fahrgastzuwachs bringen

Ebenfalls sollte das Angebot ausgeweitet bzw. wie vertraglich verhandelt umgesetzt werden. Der Bus muss wieder zumindest bis zum Bismarckplatz, besser zum Universitätsplatz im Angebot sein. Grundsätzlich wäre eine höhere Taktung oder der Einsatz von Schnellbussen im nächsten Linienbündel zu verhandelt.

Wir vermissen in der strategischen Planung für Sandhausen ein Leitbild und einen Masterplan Mobilität /Verkehrswende.

Am Ende der kritischen Betrachtung, möchten wir nicht verschweigen und begrüßen wir die bereitgestellten Mittel für die geplante Radschnelltrasse Heidelberg- Bruchsal, die auch über die Gemarkung Sandhausen führt. Die Zustimmung fällt aus finanztechnischer Sich auch nicht schwer, kommen lt. der Beschlussvorlage aus Leimen für die beteiligten Kommunen keine oder nur geringen Kosten für Planung und Bau zu (außer für flankierende Infrastrukturmaßnahmen, z.B: Fahrradabstellanlagen)

Klima und Erreichen der Klimaziele

Eines der wichtigsten Ziele der Gemeinde ist der Klimaschutz. Baden-Württemberg hat sich bis 2040 verpflichtet klimaneutral zu sein, d. h., auf netto 0 zu kommen.

Was die Gemeinde Sandhausen betrifft, fallen die meisten Treibhausgase in den Bereichen Wärme, Strom und Verkehr an. Nennenswerte Industrie ist auf unserer Gemarkung nicht am Auswurf von Treibhausgasen beteiligt.

Die Gemeinde geht beispielhaft voraus und hat in den vergangenen Jahren etliche gemeindeeigene Verbrenner auf Elektrofahrzeuge umgestellt. Auch der Ausbau der erneuerbaren Energien ist vorangekommen.

Wie aber hinreichend bekannt fallen gerade mal 0,6% der Emissionen auf gemeindeeigenen Einrichtungen. Hier sehen wir eine Herkulesaufgabe vor uns, da vieles bei uns im Privatbereich anfällt. In 18 Jahren müssen wir Klimaneutral sein. Blicken wir 18 Jahre zurück, haben sich die ausgestoßenen Emissionen in Sandhausen zwischen den Emittenten verschoben, sind aber mit 87 000 t/Jahr in den Jahren 2010 bis 2017 quasi gleichgeblieben.

Es gilt eine Großzahl älterer Häuser in Sandhausen, mit alten Gas- und Ölheizungen umzurüsten bzw.  sanieren- und zu dämmen. Die Bürgerinnen und Bürger werden es ohne staatliche Förderprogramme, auch Fördermittel von der Gemeinde, nicht schaffen. Sandhausen braucht daher einen kommunalen Wärmeplan, wie ihn viele größere Gemeinden schon haben. In einem solchen Plan muss festgeschrieben werden, wie wir bis 2040 auf netto 0 % Emissionen kommen.

Im jetzigen Haushalt haben wir auf Antrag der GAL die Erweiterung der Förderrichtlinien der Gemeinde bei gleicher Investitionsmenge um viele klimafreundliche Aspekte erweitert. Die bisherigen Fördergelder wurden in den letzten Jahren nie komplett abgerufen.

Auch unsere Beharrlichkeit bei der Einstellung einer Klimamanagerin haben Kraft gekostet, sind nun aber realisiert. Die Besetzung der Stelle der kommunalen Klimaschutzbeauftragten, die zum Großteil vom Land Baden-Württemberg gefördert wird, lag und liegt uns sehr am Herzen. Es ist wichtig, die Verwaltung im Bereich des Klimaschutzes zu entlasten und dieses wichtige Thema strukturiert anzugehen. Es geht dabei nicht nur um die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen, sondern auch um das Abrufen diverser Fördergelder, die das Land Baden-Württemberg zur Verfügung stellt. Denn – und das ist nichts Neues – es gibt viel für den Klimaschutz zu tun.

Für die in der Verantwortung der Gemeinde befindlichen Liegenschaften sollte die Klimaneutralität aus unserer Sicht, ehrgeizig bis spätestens zum Jahr 2032 erreicht werden.

Ortsentwicklung und Aufenthaltsqualität

Die Aufgabe von Kommunalpolitik ist es, die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger in Ihrer Gemeinde zu gewährleisten. Sie muss dies unter Berücksichtigung sich aktuell wandelnder gesellschaftlicher und ökologischer Gegebenheiten tun. Wenn wir unsere Freiheit und im weiteren Sinne unsere Lebensqualität sichern wollen, müssen wir uns den Notwendigkeiten, die sich aus dem Klimawendel ergeben, endlich stellen.

Die Entzerrung des Verkehrs, die Stärkung des Rad- und Fußgängerverkehrs, die Barrierefreiheit und die Generationenfestigkeit kühlende Ruhe- und Aufenthaltsoasen müssen in der Städtebaulichen Entwicklung die zukünftigen Leitplanken sein.

Ein weiteres wichtiges Themenfeld ist für uns das Thema soziale Gerechtigkeit.In Sandhausen ist dieses eng verzahnt mit dem Thema Wohnen. Ein Teil der Sandhäuser Bevölkerung wird immer reicher, und kann sich immer mehr Wohnraum pro Bewohner leisten. Ein großer Teil der Normalverdiener kann sich in Sandhausen kaum noch eine Wohnung leisten. Sie ziehen weg und produzieren Verkehr. Diese Menschen sind aber diejenigen, die unsere Gesellschaft am Leben halten: Krankenschwestern, Gemeindebedienstete, Busfahrer, Handwerker:innen und Altenpfleger zum Beispiel. Kinder, die in Sandhausen aufgewachsen sind, können sich als junge Erwachsene keine Wohnung hier leisten. 

Die Privatwirtschaft und der private Wohnungsmarkt können das nicht sicherstellen. Die Gemeinde Sandhausen hat nicht ausreichend Finanzkraft um im benötigten Rahmen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Schauen wir nach Heidelberg, hier hat man hervorragende Erfahrungen mit genossenschaftlichem Wohnen und alternativen Wohnprojekten gemacht. Durch bürgerschaftliches Engagement haben sich Einwohner zusammengeschlossen und machen durch neue Wohnformen, wie z. B. das Mietsyndikat, dauerhaft preiswertes Wohnen möglich. Wichtig ist uns hier: Wenn uns selbst die Mittel fehlen, ein Grundstück zu bebauen, können wir auch neue Wege gehen. Entweder durch geeignete Partner, wie z. B. durch eine gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft, oder durch unsere eigenen Bürger, die solche Projekte mitfinanzieren könnten etwa als Kreditgeber oder im Rahmen von Bürgergenossenschaften.

Ein Zitat des US Ökonom von Kenneth Boulding :
Wer in einer begrenzten Welt mit begrenzten Ressourcen an unbegrenztes Wachstum glaubt, ist entweder ein Idiot oder ein Volkswirt – oder beides.“

Das Spannungsfeld für uns als GAL, nur noch im absoluten Notfall weitere Flächenversiegelungen zustimmen zu wollen möchten wir mit einer Initiative zu einer Potentialanalyse für bezahlbarem Wohnraum in der Gemeinde begegnen.

Das Ziel der Analyse sollte die Schaffung von Wohnraum durch Aufstockungen.

folgende Betrachtungen durchgeführt: −

-technologische und konstruktive Voraussetzungen

− baurechtliche und baukulturelle Rahmen

− Wirtschaftlichkeitsberechnungen

Unser Miteinander in einer hochkomplexen Gesellschaft baut darauf auf, dass eine leistungsfähige öffentliche Verwaltung das Zusammenleben organisiert. Die Jahre, in denen die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes das Sparschwein maroder Haushalte waren, sind vorbei. Neue Aufgaben und Herausforderungen erfordern ausreichendes und qualifiziertes Personal in den Verwaltungen. Wir sind sicher, dass hier an der einen oder anderen Stelle auch in der Sandhäuser Verwaltung dieses qualifizierte Personal fehlt.

Insgesamt geht der Haushaltsentwurf und die Vorhaben von Bürgermeister Günes sowohl was die Erhaltungs- und Zukunftsinvestitionen als auch die geplanten Mittel für das soziale und gesellschaftliche Miteinander sowie die notwendige Digitalisierung betrifft in die richtige Richtung.

Zu guter Schluß müssen wir mit unseren Vereinen und Gewerbetreibenden überlegen, wie sie ein eventuelles drittes Coronajahr gut überstehen können.

Bürgerliche Teilhabe an Entwicklungen.

Es bleibt uns ein Anliegen, dass diejenigen, die unmittelbar von einem Vorhaben betroffen sind, auch gehört werden. Mit „gehört werden“, meinen wir nicht, dass man sie nur einlädt und anhört, sondern dass die Erwägungsgründe der Betroffenen auch gewichtig in den Entscheidungsprozess mitaufgenommen werden.

So können zum Beispiel bei der Frage, ob aus einer Straße eine 30er Zone oder ein verkehrsberuhigter Bereich gemacht die Anliegen der Anwohner mitgewichtet werden.

Fragen zum Umgang mit den gemeindeeigenen Waldflächen brauchen eine starke Beteiligung der Bürgerschaft und nicht erst im Streitfalle im Sinne von Bürgerinitiativen. In der Waldpflege steht ein Paradigmenwechsel an mit zunehmenden Forderungen nach einem Wissenschaftsbasierten schonenden Umgang mit dem Wald. Bürgermeister Günes hat einen Waldentwicklungsplan angekündigt, hier kann schon mal Bürgerbeteiligung geübt werden.

Aus der Pressemitteilung des Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis vom 26. Januar 2022

Große Bedeutung der heimischen Wälder für den Klimaschutz – Umbau zu mehr Diversität und Resilienz

Äußerte sich Forstminister Peter Hauk zur Rolle der Wälder im Klimawandel. Sie seien als bedeutender CO2 Speicher Teil der Lösung, bräuchten aber zunehmend Unterstützung bei der Anpassung an die veränderten Wetterbedingungen. Hauk wies in der Veranstaltung mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Naturschutz und Holzwirtschaft darauf hin, dass mehr Klimaschutz nicht mehr Flächenstilllegung bedeute. Vielmehr müssten die heimischen Wälder aktiv hin zu mehr Diversität und Resilienz umgebaut werden.

Auch am Ende unserer Ausführungen können wir als Fraktion dem Haushalt nicht geschlossen zustimmen.

Wir möchten in den kommenden Jahren ein nachhaltiges, zukunftsorientiertes Sandhausen fördern und freuen uns über alle Fraktionen, die sich dem anschließen wollen. Der Haushalt spiegelt das aber aus unserer Sicht nur unzureichend wider.

Zum Wirtschaftsplan Wasserversorgung bleibt zu sagen, dass wir auf dem richtigen Weg sind und diesen auch zur Sanierung des Haushaltes weiter gehen sollten.  Die Aufbereitung des Wassers wird aufgrund von Umwelteinflüssen immer aufwendiger. Daher müssen wir auch an dieser Stelle alles dafür tun, um für die Zukunft gerüstet zu sein.   Wir danken der Verwaltung und dem Bürgermeister genauso wie allen Fraktionen im Gemeinderat für die sehr gute Zusammenarbeit für das Wohl der Menschen in unserer Gemeinde.

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