Haushaltsrede von Gemeinderat Ralf Lauterbach
Gemeinderatsitzung 25.01.2021
Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kletti,
liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,
Wer hätte gedacht, dass ich die Haushaltsrede des Jahres 2021 mit ähnlichem Wortlaut wie in 2019 beginnen würde.
Danksagung
Die heutige Verabschiedung des Haushalts wird die letzte in der Amtszeit von Bürgermeister Georg Kletti sein. Grund genug, kurz zurückzublicken. In den vergangenen 16 Jahren wurden unter Ihrer Verantwortung und Vorbereitung Haushalte in einem von mir geschätzten Gesamtvolumen von 450 Millionen Euro verabschiedet. Abbau von Verschuldung und Schaffung einer generationengerechten Haushaltslage waren und sind für Sie handlungsweisend gewesen. Sie sind auch nicht der Versuchung unterlegen in guten Haushaltsjahren den verkraftbaren Rahmen an Wachstum und Haushaltsbelastungen zu verlassen.
Ihre Haushaltspolitik ist gekennzeichnet durch Solidität und Pragmatismus. Keinerlei Schulden werden hinterlassen, die Vermögenswerte der Gemeinde nehmen und nahmen zu, dank getätigter Investitionen in den Bestand.
Wir als Fraktion möchten Ihnen für die zurückliegenden Jahre der Haushaltsführung danken, aber auch für die konstruktive Zusammenarbeit.
Wir waren, was die Schwerpunktpunkte und in die Zukunft weisenden Investitionen anbelangt, nicht immer einer Meinung, konnten aber Kompromisse finden in all den Jahren, die es nie unmöglich gemacht haben, dem jeweils vorgelegten Haushalt zuzustimmen.
Eine beachtenswerte Bilanz.
Auch den Mitarbeiter*innen der Verwaltung, namentlich dem Kämmerer Hr. Wangler, danken wir ausdrücklich für die guten Prognosen und die verständliche Aufarbeitung des Haushaltes.
Zu Beginn erlaube ich mir, unser kommunalpolitisches Handeln mit den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen in Verbindung zu setzen.
Corona-Pandemie
Ich möchte mich an dieser Stelle vor allem an alle Bürgerinnen und Bürger in unserer Gemeinde wenden, welche die gegenwärtig notwendigen Einschränkungen mittragen und darüber hinaus auch aktiv dafür werben, dass in der aktuellen Situation die Suche nach dem „richtigen Weg“ immer auch damit verbunden sein muss, dass zu treffende Entscheidungen nicht immer passgenau, gerecht oder komplett nachvollziehbar sind.
Gerade in diesen schwierigen Zeiten brauchen alle Verantwortungsträger unsere Unterstützung, da kleine Gruppen mit vermeintlich einfachen Botschaften versuchen, die berechtigten Ängste und Sorgen vieler Bürgerinnen und Bürger zu missbrauchen. Trotz Zeitdruck, unvollständiger Datenlage und massiven Interessenskonflikten wurden im Schnitt gute Entscheidungen getroffen. Seien sie sich gewiss, dass alle unter großem Zeitdruck bemüht waren, die richtigen Schritte einzuleiten.
Dementsprechend waren auch in unserer Gemeinde viele Abläufe nicht ideal abzustimmen oder Entscheidungen mussten auf ungewohnten und ungeübten Wegen stattfinden. Trotzdem gilt es hier hervorzuheben, dass in unserer Verwaltung an vielen Stellen mit Nachdruck daran gearbeitet wurde, dass die Verwaltungsabläufe möglichst optimal weiterlaufen konnten. Alle setzen ein deutliches Zeichen der starken Gemeinschaft in Sandhausen, nicht nur in Krisenzeiten. Diese gilt es auch stark in die Zukunft zu schicken.
Ich möchte im Namen meiner Fraktion allen danken, die viele zusätzliche Stunden eingebracht haben, damit unsere Gemeinde bisher gut durch die schwere Zeit gekommen ist.
Prioritäten und Investitionen
So wurde im Haushalt 2020 der Gürtel mit einer 5% Haushaltsperre zwar nicht allzu eng geschnallt, hilft dem heutigen Haushalt dennoch. Wir werden den finanziellen Ressourcenverbrauch der Gemeinde in diesem Jahr nicht erwirtschaften. Damit gilt der Haushalt als nicht ausgeglichen. Dies wird nach derzeitigen Prognosen bis 2023 auch so bleiben.
Wenn man sich das Investitionsgeschehen und das Investitionsvolumen anschaut, kann man diesen Haushaltsplan dennoch ambitioniert und mutig nennen. Energetische-und Brandschutzertüchtigung im Schulzentrum, Teilsanierung Hardtwaldhalle inkl. der Gaststätte Kegelbahn, Digitalpakt Schulen und auch der Ausbau des Glasfasernetzes/Fibernet sind Finanzierungen in die Zukunft. Dieses umfangreiche Investitionsprogramm können wir aus eigener Kraft umsetzen, jedoch werden unsere Rücklagen dann auch aufgebraucht sein.
Handlungsleitend war für uns der Grundsatz, Herausforderungen von morgen nicht mit der Politik von gestern zu begegnen.
Diese Investitionen sind auch mit unserer Zustimmung priorisiert und gewollt.
Meine Damen und Herren,
An anderen Stellen, haben wir im Wettstreit um die finanziellen Ressourcen mit den Beteiligten aus Verwaltung und der im Ratsrund vertretenen Fraktionen im Sinne einer lebendigen Demokratie, auch in ganz besonderen Zeiten wie der jetzigen, eine offene Debatte geführt, die von gegenseitigem Respekt und einer konstruktiv-kritischen Grundhaltung geprägt war. Im Wettkampf der Ideen und dem daraus folgenden Entscheidungsprozess steht an dessen Ende, dass alle gemeinsam die Verantwortung dafür tragen. Im bevorstehenden Wahlkampf um Mehrheiten im Land und im Bund werden wir das, so hoffe ich nicht vergessen.
So konnten wir unserer Haushaltsanträge zum Thema Stellenschaffung einer Umwelt und Klimamanger*in, Investitionsmittel für die Radschnellverbindung Heidelberg via Sandhausen Richtung Wiesloch/Walldorf und die Erweiterung des Förderprogramm für rückbauwillige Eigentümer*innen sogenannter Schottergärten im Haushalt etablieren.
Zur Schaffung eines Planstellenanteil im Haushalt, für eine Umwelt und Klimamanger*in, konnten wir nicht alle überzeugen. Erst als wir die fast komplette Gegenfinanzierung der zunächst erst nur eingekauften Beratungsleistung für zwei Jahre aufzeigen konnten, war Bewegung in der Thematik. Das stört uns auch weiterhin, dass Ökologie immer noch erst dann interessant wird, wenn die ökonomische Rahmenbedingung akzeptabel erscheinen oder gar noch Vorteile bringen.
Ich zitiere den ehemaligen US-Präsident Barack Obama, vier Monate vor der Klimakonferenz 2015 in Paris: „Wir sind die erste Generation, die die Folgen des Klimawandels spürt und die letzte, die etwas dagegen tun kann.“
Auch in Sandhausen sind wir die erste Generation, die, in der Haushaltsprache gesprochen, erheblich finanzielle Aufwendungen zur Milderung und Schutz vor Klimaveränderungen erbringen müssen und in den Klimaschutz und die Umwelt investieren müssen.
Natürlich wird der eine oder andere von Ihnen einwenden wollen, dass der Haushalt kein Ort für GRÜNE Phantastereien ist. Aber wo sonst, als beim Geld muss man anfangen die Dinge hin zu einer ökologischen Veränderung umzugestalten?
Klar war und ist die Corona Pandemie das Thema, auch in diesem Jahr. Aber die Corona-Krise hat gezeigt: der Klimawandel, der Rückgang der biologischen Vielfalt und die Zerstörung von Ökosystemen erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer wechselseitigen Übertragung von Krankheitserregern zwischen Menschen und Tier. Ein effizienter Klimaschutz muss diesem Trend entgegenwirken um multiplen Krisenphänomenen vorzubeugen. Der Klimawandel hat B.W. und Sandhausen längst erreicht. Man schaue sich den Hardtwald an. Hitzesommer oder Extremwetterereignisse treffen uns alle, nicht nur die Tier- und Insektenwelt.
Mobilität und Bürgerbeteiligung
Als GAL-Sandhausen fordern wir mehr Klimagerechtigkeit beim Verkehr. Die Finanzmittelverteilung, bislang zu Gunsten des motorisierten Individualverkehrs muss hin zu den klimaschonenden Varianten Fuß- und Radverkehr, sowie dem ÖPNV geswitcht werden. Vor allem im Radverkehr lassen sich mit minimalem Aufwand, maximale Verbesserungswerte umsetzen.
- Wir möchten die Entwicklung konstruktiv begleiten und beantragen zu einem späteren Zeitpunkt die Erstellung und Umsetzung eines Radwegenetzplan, der dem Rat jährlich vorgestellt wird. Im Plan ersichtlich sein sollen Bedarfe, die getätigten und die geplanten Ausgaben sowie eine klare Priorisierung der geplanten Projekte zu erkennen sein.
- Wir erinnern an Installation von mindestens zwei Fahrradreparatureinheiten und fordern zusätzliche E-Bikeladestationen im Ort.
- Schaffung der Möglichkeit für Mitarbeiter*innen der Gemeindeverwaltung, ein Jobbike zu beantragen. Hier hat das Land gehandelt und ein Gesetz verabschiedet, welches es wenigstens Beamt*innen ermöglicht, von dieser Idee zu profitieren. Wir fordern eine zügige Umsetzung, sowie es auch den Angestellten der Gemeinde zu ermöglichen, diesen Vorteil zu nutzen.
- Ebenfalls werden wir die Verwaltung auffordern, sich aktiv und damit gestalterisch im AGFK (Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg e. V.) einzubringen.
- Wir haben beantragt, dass sich Sandhausen an der Stadtradeln-Aktion des RNK beteiligt. Wir haben gezeigt, dass das Interesse in der Bevölkerung hoch ist.
- Wir begrüßen die mutige und zukunftsweisende Entscheidung der Ausweitung der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30km/h im Ort. Das ist ein Signal von Seiten der Verwaltung, wie viel ihr der Schutz der Bevölkerung bedeutet. Eine Geschwindigkeitsreduzierung wird den Lärmpegel der Anwohner*innen senken und das Sicherheitsgefühl aller Verkehrsteilnehmer*innen erhöhen.
- Um vor allem den ÖPNV attraktiver zu machen, werden wir erneut aktiv werden, die Ortsbustaktung, wie auch die Forderung nach einem „Ein-Euro Ticket“ für innerörtliche Fahrten zu beantragen. Als Gegenfinanzierung schlagen wir die Erhebung von Parkgebühren auf ausgesuchten gemeindeeigenen Parkflächen vor.
- Wir wünschen uns deshalb eine noch kommunikationsfreudigere, kritikfähigere Verwaltung, die auch neue, innovative Wege der Bürgerbeteiligung geht.
- Ein Beispiel von vorbildlicher und gelungener Bürgerbeteiligung wird aus unsere Sicht die Bürgersolaranlage auf dem Dach des Schulzentrums. Im Zusammenarbeit mit der Heidelberger Energiegenossenschaft werden wir aufzeigen, dass die Energiewende keine rein politische Entscheidung ist, sondern Bürgerwille.
- Jugendliche benötigen kontinuierliche Ansprache und Unterstützung und Beteiligung, damit sie einen Zugang zu politischem Handeln finden. Deshalb werden wir die Bildung eines Jugendgemeiderates beantragen.
- Unsere generationengerechte Gemeinde benötigt auch Raum, Geld und Lobby für ihre Jugendlichen. Dabei ist ein proaktiver Ansatz auf Dauer finanziell günstiger, als reaktiv zu agieren. Der Fokus sollte nicht erst auf den Jugendlichen liegen, wenn sie uns ärgern oder stören. Junge Menschen brauchen Räume, diese wollen wir Ihnen bieten oder schaffen, um Jugendarbeit, Jugendkultur oder auch Kreativkultur zu ermöglichen.
Innerörtliche Entwicklung, Umwelt und Klimaschutz
- Der RNK hat sich kürzlich dazu entschlossen bis 2040 klimaneutral zu werden. Bisher haben alle Kommunen zusammen mit Ihren Liegenschaften und Fahrzeugen gerade mal 1% an CO2 eingespart. Um in 20 Jahren Klimaneutralität zu erreichen ist es unerlässlich, für Sandhausen einen Klimaschutzplan zu erstellen, sowie die Nutzung von Fördermaßnahmen allen Bürgerinnen und Bürgern nahezubringen. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang, dass die von uns erneut vorgeschlagene und von Bund, Land und EU geförderte Erstellung eines Klimaschutzplanes in den Haushalt mit aufgenommen wurde
- Der Klimawandel ist auch in unserer Gemeinde angekommen. Das bedeutet für uns, dass wir Sandhausen hitzetechnisch neu denken müssen. Wir werden die Erstellung eines Hitzeplans für unsere Gemeinde beantragen. Dieser soll zum einen proaktiv, vor allem städtebaulich, agieren und zum anderen auch spezifische Maßnahmen vorsehen, die bei Hitzeperioden der Bürgerschaft intelligent Abkühlung verschafft. Durch die planerische Vermeidung von Asphalt- oder Betonwüsten, Eliminierung von Hitzeinseln, dem Erstellen eines Maßnahmenkataloges auch für Starkregenereignisse oder für andere Klimaextreme können vielerlei effektive Maßnahmen geschaffen werden, die nicht zuletzt einen vorsorgenden Gesundheitsschutz darstellen.
- Mit einer „Begrünungsoffensive“ wollen wir die Verwaltung dazu auffordern, alle Freiflächen im Ortsgebiet daraufhin zu begutachten, ob und welche Art von Begrünung einer Entsiegelung hier möglich wäre, den oben genannten Hitzeplan unterstützend. Innerörtliche Baumbepflanzungen werden im Haushalt eingeplant. Diese Maßnahme kann eine sichtbare Veränderung im öffentlichen Erscheinungsbild bewirken. Pflanzung zahlreicher neuer Bäume, z.B. an der Straße und im Ortskern sind an dieser Stelle erwähnenswert
- Die komplette Ortsbepflanzung soll mehrjährig, regional, insekten- und vogelfreundlich ausgerichtet sein. Es sollen kleine Oasen und Biotope geschaffen werden.
- Wir haben eine Baumschutzsatzung beantragt und möchten damit die Wichtigkeit innerörtlicher Bäume stärken, die einen wertvollen Beitrag zur innerörtlichen Klimaverbesserung leisten. Wir sind gespannt, wie außerhalb unserer Fraktion zu unserem Antrag abgestimmt wird.
- Auf einer auszuwählenden Fläche möchten wir einen „neuen, kleinen Stadtwald“ errichten, indem ab sofort in jedem Jahr der internationale „Baum des Jahres“ im Namen des Gemeinderates dort gepflanzt wird. Damit soll für zukünftige Generationen ein Sandhäuser Naturdenkmal wachsen und gedeihen. Im Jahr 2020 war es die Robinie in diesem Jahr die Europäische Stechpalme
- Wir werden beantragen, dass alle öffentlichen Gebäude, wo dies möglich ist, begrünt werden.
- Auch Bauen muss generationengerecht gedacht werden. Daher fodern wir, dass zukünftig jegliche Bebauungspläne verpflichtend klimaneutral gestaltet werden müssen. Baugebiete und Wohnanlagen müssen mit hohem Sozialanteil, wir sprechen von 20-30%, sowie einer ausgewogenen Verdichtung geplant werden.
- Wir beantragen, dass die Kommune ein Konzept eines kommunalen Wärmenetzes erstellen möge. Auch hier gibt es vielfältige Möglichkeiten zur Bezuschussung von Land und Bund.
- Um Sandhausen innovativ, Generationen-und klimagerecht zu entwickeln, müssen alle Flächen auf ihre Solareignung geprüft werden und bestenfalls mit Bürgerbeteiligung oder genossenschaftlich finanziert und bewirtschaftet werden. Auf diesen Weg kann Sandhausen einen Beitrag zur machbaren Zukunftsvision „Energieautarkie“ leisten.
Sehr geehrte Damen und Herren,
damit konnten wir Ihnen, und wir denken auch allen Bürgermeisterkandidatinnen und Kandidaten unsere Vorstellung von
„Heute handeln für morgen, – vom Prinzip Hoffnung hin zum Prinzip „Zukunft“ verdeutlichen.
Und ja – miteinander, also auch füreinander in allen Belangen, allen Herausforderungen und Krisen die zu bewältigen sind schreiben wir uns auf unsere grüne Fahne.
Fazit und Dank
Zusammengefasst stimmt die Fraktion der GAL der Haushaltsatzung und dem Wirtschaftsplan der Wasserversorgung zu.
Abschließend wollen wir, wie es gute Tradition ist, Dank sagen: Wir danken in diesem Jahr im Besonderen unseren niedergelassenen Ärzten, Pflegekräften in den örtlichen Pflegeinrichtungen, der Feuerwehr und allen Bürgerinnen und Bürgern, die aktiv dazu beigetragen haben, dass unsere Gemeinde die zurückliegenden Monate gut bewältigt hat.
Unser Dank wendet sich natürlich auch an unseren Bürgermeister, an alle Ratskollegen*innen, für die stets wertschätzende Zusammenarbeit.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Ralf Lauterbach
Fraktionsvorsitzender GAL Sandhausen