Sehr geehrter Herr Bürgermeister Günes, sehr geehrte Damen und Herren des Rates und der Presse, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

 

Auch mit diesem Haushalt stellt sich die Frage der Zukunftsfähigkeit der Gemeinde Sandhausen. Heute schon mitdenken, was sich morgen für uns Alle auszahlt. Kommunales Handeln und damit auch die Frage, wieviel wir einnehmen und ausgeben können, geschieht nicht im luftleeren Raum, sondern ist abhängig von vielen Variablen. Einige sind vorhersehbar, andere nur schwer im Voraus kalkulierbar. Die finanzielle Situation der Kommunen spitzt sich seit einigen Jahren zu. Es sind schwierige Zeiten, erst Corona, dann Krieg, Inflation, der Fond für klimatischen Umbau nicht nutzbar. Die Schuldenbremse hat die Ampel-Regierung mit voller Wucht getroffen, etwaige Folgen sind noch nicht absehbar. Die Einstellung kommunaler Förderprogramme oder Kürzungen im sozialen Bereich sind aber auf keinen Fall eine Lösung. 

Auch Bildung und Teilhabe sollten wir nicht aus den Augen verlieren. In einer Zeit, in der die Schlangen an den Tafeln immer länger werden, darf unsere Antwort niemals weniger sein als: Solidarität. 

 

Die Kommunen sind das Herzstück unserer Demokratie. Die Menschen vor Ort dürfen nicht die Leidtragenden einer fehlgeleiteten Politik sein. Wir leben in einer Zeit, in der die Rechte in Europa wieder erstarkt. Rechtspopulistische Parteien und rechtsextreme Gruppen befeuern antidemokratische und rassistische Ressentiments, verdrehen und missachten Fakten und verbreiten Verschwörungsmythen. Dabei instrumentalisieren sie Krisensituationen wie die Corona-Pandemie, den Ukraine-Krieg oder die Herausforderungen, die sich bei der Abwehr einer Klimakrise ergeben.  Die Meinungen der neuen Rechten sind erschreckenderweise in gewissen Kreisen der Gesellschaft bereits salonfähig angekommen. Derzeit gründet sich ein breites Bündnis für Demokratie. Wählen Sie am 09.06.2024 bitte die Demokratie, in der Kommune, im Kreis und in Europa!

Argumentatives Verhandeln und Kompromissbereitschaft haben sich unbedingt bewährt, vor allem dann, wenn Meinungsbildung nicht nur in der eigenen Blase geschieht, sondern wenn sach- und faktenorientiert diskutiert und entschieden wird. Das tut nicht nur bei der politischen Bildung, in Schulen, auf der Straße in unseren Wohnzimmern oder sonst wo gut, das gilt auch für unsere Haushaltberatung im Gemeinderat.

 

Was wir bisher wissen, hat uns unsere Kämmerei auch im Jahr 2023 durch „Unwägbarkeiten“ sicher navigiert, und uns eine relativ sichere Prognose im Haushaltsentwurf 2024 präsentiert. Dafür bedanken wir uns bei Hr. Weirether und seinem Team recht herzlich. Persönlich möchte ich Kevin Weirether unbedingt auch nochmal danken, für die Zeit, die er sich genommen hat, um mir die Grundlagen der kommunalen Haushaltsplanung/Rechnungslegung zu erklären. 

Die Haushaltsplanung und Beschlussfassung ist für den Gemeinderat ein wichtiger Start ins neue Jahr. Er bietet Gelegenheit über das bereits Erreichte zu sprechen und über die Aufgaben, die noch vor uns liegen, nachzudenken und wie die Mittel, den Haushaltspositionen zuzuweisen sind. 

Die Steuerprognosen lassen hoffen, dass es in 26, 27 wieder aufwärts gehen könnte. Aber es heißt erst mal: „Die fetten Jahre sind vorbei“. Wir müssen also gut überlegen, für was wir unser Geld ausgeben, bez., ggf. andere Wege der Finanzierung suchen.

 

Die notwendigen Pflichtaufgaben der Gemeinde wie: Kitas, Schulen, Personal, Straßen, Wasser-Abwasser, Vereinsleben, Digitalisierung und Vieles mehr, finden unsere Zustimmung. Die Sanierungsarbeiten an Schulzentrum und Hardtwaldhalle sind fast abgeschlossen. Wir haben wohlwollend und mit Erleichterung registriert, dass sich unser Bürgermeister, nebst seiner jungen Verwaltung, zunehmend auch für Klimaschutz einsetzt. Wir haben seit 2 Jahren, dem Bauamt angegliedert, in Herrn Dr. Krause einen fachlich kompetenten Klimaschutzmanager eingestellt, der uns ein integriertes Klimaschutzkonzept für Sandhausen erstellt hat und dessen Stelle wir, für die Begleitung weiterer Schritte, kürzlich verlängert haben, In Anbetracht zukünftiger Hitzewellen müssen Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel ergriffen werden. Hier kümmert sich, kompetent und leidenschaftlich unsere Grünflächenbeauftragte Frau Wölflick gemeinsam mit ihren MitarbeiterInnen vom Bauhof. Wir geben Geld für Hochwasserschutz aus, wir gestalten unsere Freianlagen und Spielplätze neu, wir sind freiwillig bei der Kommunalen Wärmeplanung im Konvoy mitgegangen. Ein Ist- und möglicher Sollzustand wurde erhoben. Klimaneutrales Heizen soll vorangebracht werden. 

 

Auch interessant: Die Wärme unserer Abwässer könnte in einigen Jahren unsere Wohnungen wärmen, wenn wir bereit sind, in Planung und Umsetzung zu investieren. Unserer Kläranlage wurde, vorausschauend, eine weiter Filterstufe für Phosphor und Spurenstoffe eingebaut. All das tut der Gemeinde gut.  Erfreulich auch, dass unsere Anregung Finanzmittel für die Sanierung der Grundschule in den Haushaltsplan einzustellen für `24 und `25 umgesetzt wurde. 

 

Zum Anreiz bieten wir unseren BürgerInnen Förderprogramme an: Photovoltaik, Balkonkraft, Blühwiesen. Weitere Anregung unsererseits an diese Stelle: Einstellung der Förderung für elektrische Hoftore, denn hier besteht offenbar kein Bedarf, stattdessen Förderung für z.B. für Heizungstausch.

 

Klimaneutralität 2040 in Ba-Wü.? Die Potentialanalyse zeigt: Es ist noch viel Luft nach oben. Aus unserer Sicht ist die Pflichtaufgabe Natur- Umwelt- und Klimaschutz für 2024 nicht deutlich genug im Haushaltsplan abgebildet. Nach unserem integrierten Klimaschutzkonzept müssten wir im Jahr 2024 wesentlich mehr investieren. Mehrere Förderprogramme für unsere Bürgerinnen und Bürger, die wir zur CO2 Reduktion, sowie für Maßnahmen der Klimaanpassung in den Haushalt stellen wollten, haben leider keinen Eingang in den Haushalt gefunden. Wir sollten unseren Bürgerinnen und Bürgern, in allen Handlungsfeldern des Klimaschutzkonzepts ohnehin, durch Handeln mit gutem Beispiel vorangehen. 

 

Sandhausen gehört zu den Gemeinden im RNK, die kaum je in den roten Zahlen waren. Wir haushalten streng nach dem Ziel: Generationengerechtigkeit. Keine Schulden zu Lasten der nachkommenden Generationen. Das klingt erst mal plausibel und gerecht. 

Wenn wir aber den Fokus unserer Aufmerksamkeit verändern und generationengerechtes Handeln definieren als: Das Ergreifen von Maßnahmen, von denen wir wissen, dass sie den Klimawandel eindämmen können und die Anpassung an ihn erträglicher machen werden, dann sollten wir unbedingt und möglichst morgen schon, wesentlich mehr in Klimaschutz und Anpassung investieren, denn eins ist klar: Jeden Euro den wir heute hier investieren spart uns, laut Zusammenschau verschiedener Studien zum Thema, kurz- mittel- und langfristig auch regional nachweislich viel Geld und was noch viel wichtiger ist, hilft Lebensqualität, ja Überlebensqualität zu sichern. 

 

->Investition vs. Sparkurs: Wie zu erwarten verschärft sich die Klimakrise von Jahr zu Jahr. Sie ist, wegen der sicherlich langanhaltenden Dauer, die mit Abstand größte Bedrohung der Menschheit und wirkt sich bio-psycho-sozial, ökologisch und gesellschaftspolitisch auf alle Bereiche des Lebens aus. Das betrifft uns selbst, aber insbesondere die kommenden Generationen, denen wir verpflichtet sind. Also nach dem Motto „Die Zukunft im Blick, heute für ein (über)lebenswertes Morgen handeln“ fordert die Zukunft von uns eben keinen Sparkurs auf allen Ebenen. Die Zukunft fordert von uns, dass wir unsere Gemeinde, entsprechend den Handlungsfeldern (wie sie im Sandhäuser Klimaschutzkonzept benannt wurden), umbauen.

Im Gemeinderat haben wir das Klimaschutzkonzept für Sandhausen einstimmig verabschiedet. Da Wissen wir Bescheid, was wir zu tun haben! 

 

Es gibt viele gute Gründe in den Bau von gemeindeeigenem, barrierefreiem und bezahlbarem Wohnraum zu investieren. Dies ist konkret im Jahr 2024 leider nicht vorgesehen. Wir hoffen bei der weiteren Ortsentwicklung in den Folgejahren auf Berücksichtigung.

Viele, unserer gemeindeeigenen Gebäude sind energetisch nicht saniert und in schlechtem Zustand. Neben dem Rathaus, der Grund- und Pestalozzischule sind das vorwiegend Mietwohnungen. Man hat aus unserer Sicht, in den letzten Jahren am falschen Ende gespart. Dabei gilt: Investitionen in Gebäude stellen sich im Haushalt nicht als Verluste dar. Durch energetische Sanierung erfahren Gebäude eine ordentliche Wertsteigerung, was im Haushaltsplan auf der Habenseite verbucht wird, ist noch dazu gut für Sandhausens CO2 Bilanz. So ganz nebenbei bieten wir dann den MieterInnen auch ein schöneres Wohnumfeld, was sich, laut Studien wiederrum auf die Behandlung dessen positiv auswirkt. 

 

Wir regen die Erstellung eines Sanierungsfahrplans an, denn damit würden wir wissen, welche Investitionen, sich am schnellsten umsetzen lassen und dann auch amortisieren. So könnten wir Maßnahmen priorisieren, notfallmäßige Reparaturen vermeiden, laufende Kosten deutlich senken und unsere Ziele in diesem Handlungsfeld dann durch Handlung auch erreichen! Tatsächlich sind für Sanierungsarbeiten an den Mietobjekten keine Ausgaben für 2024 geplant. Eine zweckgebundene Rücklage via Mieteinnahmen findet sich im Haushalt nicht. 

“Woher nehmen und nicht stehlen?” 

  1. Verschiebung der Investitionen innerhalb des Planes durch prozesshafte Überprüfung und Gewichtung der Vorhaben nach tatsächlicher Notwendigkeit. Das betrifft vor Allem die zurzeit geplanten Großprojekte wie Sanierung Festhalle oder den Bau eines Kreisels. Statt einen weiteren Kreisel zu bauen, könnten wir preiswertere Maßnahmen zur sicheren Querung Heidelbergerstraße/Leimbachring erwägen und die gesparten 1,5 Millionen z.B. zur energetischen Sanierung unserer Liegenschaften aufwenden.
  2. Der Bund schafft nach wie vor Anreize. Es existieren aktuell unterschiedliche Förderprogramme vom Bundesministerium für Wirtschaft-und Klimaschutz für die energetische Sanierung kommunaler Gebäude. Auch Bafa und KliBa fördern, ähnlich wie bei den Privathaushalten, Energieeffizienz und erneuerbare Energien. 
  3. Sie geben zinsgünstige Darlehen in Verbindung mit Tilgungszuschüssen. Dies gilt auch für Einzelmaßnahmen. Darlehen aufnehmen, um Wertschöpfung und Klimaschutz zu betreiben ist klug!

 

Die Verkehrswende in Sandhausen ist ebenfalls laut Klimaschutzkonzept vorgesehen, kommt aber nur schleppend voran: Fuß und Radverkehr, sichere Wege für Alle sollen gefördert werden. Wir haben hunderte Hinweise und Anregungen zum Verkehrskonzept erhalten. Diese wurden aber final nicht ausgearbeitet. Dennoch lässt sich bereits an vielen Stellen deutlich erkennen, wo dringende Verbesserungen für die Fuß- und Radinfrastruktur notwendig sind. Bislang hat die Gemeinde Sandhausen sehr verhalten in Maßnahmen investiert und zeigt weiterhin Zurückhaltung. 

Wir müssen unsere Straßen für alle Verkehrsteilnehmer sicher gestalten. Insbesondere auf Schulwegen sollten beruhigte Bereiche, umgangssprachlich auch als Spielstraßen mit Schrittgeschwindigkeit bekannt, oder breitere Gehwege eingerichtet werden. Leider ist dies derzeit nicht vorgesehen. Im Zuge unserer Kanalsanierungsarbeiten sollten wir dringend bekannte und bewährte Veränderungen vornehmen und dafür Geld bereitstellen.

Wir wollen es nicht weiter hinnehmen, dass es selbstverständlich erscheint, dass jedes Jahr Menschen im Verkehr verletzt oder sogar getötet werden. Straßenquerungen der Umgehungstraße dürfen nicht lebensgefährlich sein. Gemeinsam sollten wir die Verkehrswende unterstützen und auch dafür Finanzmittel bereitstellen, bzw. durch Sparen an anderer Stelle direkt in entsprechende Maßnahmen investieren, oder direkt auf Abhilfe drängen.  

 

Bildung und Teilhabe:

Last but not least: Ein Wort zur Bildung: Wer lesen und rechnen kann ist klar im Vorteil. Bildung ist ein hohes Gut. Sie ermöglicht Teilhabe an gesellschaftlicher Entwicklung und Wohlstand. Unsere Schulen fördern so gut es eben geht individuell auch die persönliche Entwicklung unserer Kinder. Aber, Deutschland hat auch in der letzten Pisa Studie eher schlecht abgeschnitten. Deutlich wurde aber auch, dass die Kinder in Ganztagsschulen mehr und besser lernen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, bessere Bildungschancen, Chancengleichheit für Kinder mit unterschiedlichem sozio-ökonomischen Status und weitere Vorteile sind gute Gründe, warum ab 2026/27 Ganztagsschulen angeboten werden sollen. Dieses zu stemmende Mammutprojekt muss also im Jahr 2024 unbedingt seinen Anfang nehmen mit der Sanierung der Grundschule. Die Zeit drängt. Die GAL hat im Oktober vorgeschlagen, Mittel für die Sanierung in den Haushalt einzustellen. Für Planung 2024 und v.a. für Umsetzung im Jahr 2025 sind ordentliche Beträge vorgesehen. Unseres Erachtens ist es wichtig, dass im gesamten Prozess ein ständiger Dialog der Verwaltung mit der Lehrerschaft, dem Rektor, dem Freundeskreis und weiteren Akteuren aufrechterhalten wird, damit die Umstellung gut gelingt und Modelle gefunden werden, die für Alle akzeptabel sind. 

Einen Jugendgemeiderat zur politischen Bildung und Teilhabe an den Entwicklungen der Gemeinde ist für uns selbstverständlich und soll in diesem Jahr, nach Beseitigung von Hindernissen sicherlich aufgestellt werden. Auch die Bedürfnisse unserer älteren Mitbürger sind von Belang und sollten vermehrt beachtet werden. Das betrifft sowohl einen barrierefreien Verkehr wie auch verschieden Modelle der Versorgung und des Wohnens im Alter. Wir empfehlen eine entsprechende Umfrage. 

Auch wir wünschen uns mehr Transparenz, bereits in den Entwicklungen von Ideen und Umsetzungsplanungen, prozesshaft begleitend.

 

 

Für die GAL Fraktion

Beate Würzer