Ausgleichsmaßnahmen für Sportzentrum seit 2008 verschleppt

1. Oktober , 2020

AUS DEM GEMEINDERAT

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

wenn man im Internet das Hardtwaldstadion googelt erfährt man, dass es in 2008, 2012, 2013, 2014, 2016 immer wieder Baumaßnahmen gegeben hat. So z.B. Erweiterungen der Zuschauerplätze im Stadion durch Tribünen, Nebengebäude, ‚Business Turm‘, sowie weitere Spielflächen.

Gemeinderätin Beate Würzer verlangt mehr Aufmerksamkeit für die Belange von Umwelt und Naturschutz

Im April 2008 beschloss hierzu der Gemeinderat die Einleitung des Bauverfahrens „Stellplätze Sandhäuser Höfe“ und „Sport- und Erholungsgebiet II. Änderung“. Dabei geht es um eine Stadionerweiterung. In der Folge wurden die Stellungnahmen der Träger Öffentlicher Belange eingeholt und die Fa. Merz (Büro- für Ökologie und Umweltplanung aus Heidelberg) beauftragt, einen Umweltbericht, auch und gerade im Hinblick auf zu erbringende Ausgleichsmaßnahmen, zu erstellen.

So wie es sich heute darstellt, blieb es 12 Jahre bei der Absichtserklärung. Erst im Zuge der Diskussionen in 2019 um die neuerliche Erweiterung SV Spielflächen sowie Parkplätze bzw. die Planung Umwandlung von Schutzwald in Sport und Freizeit, wurde das Thema offenbar erneut aktualisiert. Hier hatten nämlich aufmerksame Bürger (nicht der Gemeinderat) nachgefragt, wo denn die damals versprochenen Obstbäume nun ständen. Erst dann wurde bekannt, dass die Flächen, obwohl festgelegt und beschlossen, einfach anderweitigen Nutzungen zugeführt worden waren.

Wenn es ums Bauen geht, ja dann ist die Verwaltung jederzeit aktiv und bemüht, leider besteht offenbar ein gerüttelt Maß an Verdrängung wenn es um die Ausgleichsflächen geht. Es gab wohl in den Jahren Zitat Bürgermeister: „Immer wichtigere, dringlichere Projekte“. Möglicherweise hat man sich auch auf den vielen Ökopunkten ausgeruht. Diesmal hat das Kompensationsdefizit keine 30 Jahre wie bei der L 600 gedauert, sondern nur zwölf, was sicherlich nicht als Fortschritt zu bewerten ist.

Ganz ehrlich, meine Damen und Herren, was müssen wir daraus schließen? Ich persönlich schließe daraus, dass unsere Verwaltung es bis heute noch nicht geschafft hat, dem Aufgabenbereich Natur/Klima- und Umwelt genügend Aufmerksamkeit zukommen zu lassen (ausgenommen z.B. die Sanierung der gemeindeeigenen Gebäude). Es gibt andere Beobachtungen gleicher Art, welche diese Vermutung stützen, z.B. die bisherige Ablehnung von Personal für die Entwicklung eines auf Sandhausen zugeschnittenen Klima- und Umweltkonzepts (man mache das ja alles ganz gut selbst) , bei gleichzeitiger Äußerung personeller Überforderung (Wer soll denn das wieder machen? Dafür habe man keine personelle Kapazität).

In Anbetracht der Tatsache, dass man die in 2008 geplanten Maßnahmen heute kaum noch durchführen kann und dringender Handlungsbedarf in der Angelegenheit besteht, wurde kürzlich das Büro Spang, Fischer, Natschka beauftragt, alternative Kompensationsmaßnahmen zu finden. Hier fällt auf, dass mehrfach auf Ackerflächen oder bereits bestehende Gärten zurückgegriffen wird. Hierzu zitiere ich aus dem Bundesnaturschutzgesetz §15 (3): Bei der Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen, insbesondere sind für die landwirtschaftliche Nutzung geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen. Es ist vorrangig zu prüfen, ob der Ausgleich oder Ersatz auch durch Maßnahmen zur Entsiegelung, durch Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen oder durch Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen, die der dauerhaften Aufwertung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes dienen, erbracht werden kann, um möglichst zu vermeiden, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden.

Beim nun vorliegenden Antrag geht es leider hauptsächlich um eine Umwandlung von nicht versiegelten Flächen (Mager-Wiese, Gartengrund, Ackerfläche) zu einer anderen Art Nutzung (Fettwiese-Obstbaumwiese).

Der Natur tatsächlich etwas zurückgeben, wenn man ihr andernorts etwas wegnimmt, wäre aus unserer Sicht der bessere Weg. In Anbetracht des Klimawandels sollte daher vorrangig, entsprechend des Gesetzes, auch an Entsiegelung von Flächen und deren Begrünung, gerne auch innerörtlich, gedacht werden. Das käme nicht nur den Insekten, sondern auch der Schaffung dringend benötigter Retentionsflächen (Versickerungsmöglichkeit, Bindung von Wasser im Boden, Verdunstungskälte) entgegen.

Der Argumentation: „Gut, dass wir den damaligen Ersatz nicht erbracht haben, sonst hätten wir andere Maßnahmen (Verkauf von gemeindeeigenen Flächen, Erschließung von Baugebieten, Brühlwegdüne..) nicht durchführen können“, kann man ja gerne folgen, aber im Nachhinein damit ein Versäumnis zu entschuldigen, kommt bei mir nicht gut an. Die Umsetzung der damaligen Maßnahmen hätte dann eben zu anderen Weichenstellungen in der Entwicklung Sandhausens geführt und schlimmstenfalls wäre halt auch jetzt ein Wäldchen von 1,7 ha auf der Brühlwegdüne stehengeblieben oder eine Obstbaumwiese mitten im Baugebiet.

Die Verschleppung der damaligen „Kompensation“ wurde dann auch von der unteren Naturschutzbehörde Rhein-Neckar entsprechend bewertet und „abgestraft“: Sie hält ,Zitat: „…aufgrund des fehlenden zeitlichen Bezugs zwischen dem Eingriff und dem Ausgleich einen Aufschlag an Ökopunkten für erforderlich“.

Nach dem Motto: Lieber spät als nie, stimmen wir zähneknirschend den Vorschlägen der Verwaltung zu. Im Weiteren stellt sich hier auch die Frage nach der Verantwortlichkeit. Hätten wir 2008 in der Verwaltung eine hierfür eindeutig zuständige Person für Umwelt- und Klimaschutz gehabt, wäre das sicherlich so nicht passiert. Die GAL wird zukünftig sämtliche Projekte gleicher Art inhaltlich prüfen und die Umsetzung der Kompensation mit Argusaugen verfolgen, sowie die Einrichtung einer Stelle Umwelt- und Klimabeauftragte beantragen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Beate Würzer

 

Für die GAL

Letzte Beiträge

Neue GAL Fraktion am Start

Neue GAL Fraktion am Start

Im Rahmen der konstituierenden Gemeinderatssitzung am 22.07.2024  traf erstmals die neu gewählte Fraktion der GAL im...